Sehr verehrte Bischöfe,
sehr verehrte Stadtoberhäupter von Frankfurt und Słubice,
sehr verehrte Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft,
verehrte, liebe Kuratoriums- und Vorstandsmitglieder,
liebe Vereinsmitglieder, ohne die unsere Arbeit all die Jahre nicht möglich gewesen wäre,
und besonders, liebe polnische Freunde, die Ihr unsere ausgestreckte Hand zur Versöhnung angenommen habt und nun mit uns auf dem Weg in ein gemeinsames Europa seid.
Sie alle heiße ich sehr herzlich willkommen!
„Wer Frieden will, muß Freunde gewinnen“ – dieses Wort von Karl Dedecius war vor drei Wochen das Motto unserer deutsch-polnischen Studienfahrt nach Oberschlesien zum Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen. Bei einem schlesischen Abend haben wir Freunde gefunden, die spontan beschlossen haben, unserer Einladung zur heutigen Jubiläumsfeier zu folgen, um heute mit uns zu feiern. Ihnen gilt mein besonderer Willkommensgruß.
Im Evangelischen Pressedienst vom 13. Januar 1991 war auf dem Deckblatt zu lesen: „Deutsche und Polen auf dem Weg zu dem gemeinsamen Haus Europa, Kirchentagskongress in Frankfurt(Oder).“ Dazu der Kleintext: „Die Menschen sind nicht offen für das Thema, erklärte der Superintendent fast entschuldigend zur Begrüßung der knapp 120 Teilnehmer. Nur zehn Frankfurter hatten sich gemeldet, statt der erwarteten dreißig. Privatquartiere waren nur mühsam gefunden worden, und den jungen Kaplan aus dem polnischen Słubice, der den ökumenischen Schlussgottesdienst mitgestalten sollte, hat seine Kirche zehn Tage davor ohne Angabe von Gründen versetzt. Ein Ersatzmann war unter den polnischen Priestern nicht zu finden.“
Soweit das Zitat. Wie ganz anders sieht es heute aus, wo wir eben mit einer beachtlichen Anzahl von deutschen und polnischen Bischöfen gemeinsam Gottesdienst feiern durften. Darüber bin ich sehr froh und dankbar. Denn, als am 27. September 1994 mit 19 Persönlichkeiten im Georgengemeindehaus die Gründungsversammlung stattfand, war das für uns noch eine große Vision. Gemeinsam war es unser Ziel, Brücken zu unserem Nachbarland zu bauen, Brücken, die in der Geschichte oft abgebrochen und dann auch nur sehr provisorisch gebaut wurden. So haben wir Ihnen als Erinnerungszeichen für dieses Jubiläum eine Brücke in Form eines Briefständers überreicht. Jede von diesen ist ein Unikat und wurde in liebevoller Arbeit in einer Werkstatt der Wichern-Diakonie hergestellt. Auch jede einzelne Beziehung von Deutschen und Polen ist ein Unikat, denn jeder muss mit seinen eigenen Schritten auf den anderen zugehen. Unter den beteiligten Akteuren vor 25 Jahren gab es eine große Ernsthaftigkeit und Einmütigkeit, diesen Brückenschlag zu wagen. Die neu gewonnene Freiheit hatte die Möglichkeit geschaffen, vieles und auch die Beziehungen zu unserem Nachbarvolk neu zu gestalten. Man ging aufeinander zu. So kamen Vertreter der Stadt und der Landesdenkmalpflege zum Superintendenten und fragten ihn, ob es einen Nutzungszweck für die Friedenskirche gäbe, die in der DDR-Zeit auf 99 Jahre von der Stadt gepachtet worden war. Ihre exponierte Lage an der Stadtbrücke ließ bei mir die Idee wachsen, dort ein deutsch-polnisches Begegnungszentrum zu errichten. Diese Idee konnte letztlich viele in der Stadt und im Land überzeugen. Auch der damalige Rektor der neugegründeten Europauniversität, Herr Prof. Hans Weiler, war von der Idee angetan. Ein ursprünglich angedachter Lehrstuhl für ökumenische Theologie konnte nicht realisiert werden, aber ein friedliches Zusammenwachsen unserer beiden Völker ohne Berücksichtigung der religiösen und spirituellen Dimension war auch für ihn undenkbar. Diese spirituelle Dimension war auch den interessierten Frankfurter Christen wichtig, auch unter der Fragestellung: „Was können wir Christen zu einem friedlichen Zusammenwachsen unserer Völker in dieser Region beitragen?“ So kam es, dass die Stadt, die Universität und der Ökumenische Rat Frankfurt(Oder) zu den Gründungsmitgliedern gehörten und auch per Satzung zu den geborenen Mitgliedern des Vorstandes gehören. Mit der Bildung eines Kuratoriums ein Jahr später konnten auch die Bischöfe der Region, der damalige Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky und der evangelische Bischof Prof. Dr. Wolfgang Huber von Berlin, der polnische Bischof Adam Dyczkowski von der Diözese Gorzów-Zielona Góra, der Orthodoxe Erzbischof Prof. Anchimiuk Jeremiasz und der Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche Ryszard Bogusz aus Wrocław, aber auch Vertreter aus Politik und Gesellschaft, wie der damalige Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe, für die Idee gewonnen werden. Ein Höhepunkt war auch der Besuch des Bundespräsidenten Roman Herzog, der in die Friedenskirche kam, um unser Projekt kennenzulernen. Nach wie vor geht es darum, mit Worten von Jaques Delors gesprochen, „Europa eine Seele zu geben, es mit einer Spiritualität und tiefen Bedeutung zu versehen“. Schon 1992 hatte der damalige rheinische Präses Beier formuliert: „Um Europa nicht bekümmert zu sein, sich nicht kümmern um seine politische, kulturelle und soziale Zukunft, heißt eben diese Zukunft dem bloßen ökonomischen Denken auszuliefern. Anzeichen für eine mögliche Fehlentwicklung gibt es leider genug.“ Ein großes Hoffnungszeichen ist für uns als Träger die Gemeinschaft von 15 Studierenden unterschiedlicher Konfession, Religion und Nation im Studien- und Gästehaus Hedwig von Schlesien, in dem diese in einer Art geistlichen Gemeinschaft zusammenleben. Inzwischen gehört auch eine Muslima dazu. An dieser Stelle möchte ich allen Mitstreitern und Partnern sehr herzlich danken, die unser Oekumenisches Europa-Centrum in all den Jahren in seinen verschiedenen Formaten unterstützt und mit Leben gefüllt haben. Gebe Gott uns auch in Zukunft die Kraft und den Heiligen Geist, über alle Unterschiede hinweg an seinem Shalom mitzuarbeiten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und die Würdigung unserer Arbeit durch Ihre Anwesenheit.