Wie ist diese – etwas verwunderliche – Aussage zu erklären? Im Jahre 1303
errichtet, erhielt der mächtige, mit 26 Blendnischen gegliederte Backsteingiebel eine
farbenreiche Bemalung. Dargestellt wurden Heilige, Engel und Fabelwesen. Schon relativ
bald, 1370, „verschwand“ der Giebel unter dem Dach des damals errichteten großen Chor-
Neubaus. So hatten Engel, Phönix, Pelikan und die Heiligengestalten nur knapp 70 Jahre Zeit,
die Bürger Frankfurts hoch über den Dächern der Stadt in ihrem Alltag zu begleiten. Ihre
Heilsbotschaft richteten sie auch weit in das Land jenseits der Oder, liegt doch die Kirche,
entsprechend ausgerichtet, in der Nähe des Flussufers.


So verborgen, gerieten die Malereien fast in Vergessenheit. Mit Ausnahme einiger
weniger Schwarzweiß-Aufnahmen der 1920er Jahre aus dem Stadtarchiv – denen wir v.a.
unsere bescheidenen Kenntnisse bis auf den heutigen Tag verdanken – traten diese erst
wieder Anfang der 1990er Jahre kurz ins Bewusstsein, als der Dachstuhl der Friedenskirche
zur Sanierung anstand. Um aber die Kunstwerke zu schützen, verblendete man die Nischen
während der Zimmermannsarbeiten mit Spanplatten, so dass auch in den letzten 30 Jahren
weder eine flächige restauratorische Betreuung erfolgen konnte, noch die Bilder in Gänze zu
sehen waren (vier kleine Nischen sind seit 1998 geöffnet, s. Abb.).


Ermöglicht durch Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, des Landes
Brandenburg und der Stadt Frankfurt (Oder) konnte jüngst ein Gerüst gestellt werden, das
die Zuwegung zu den Malereien des Giebels im Dachstuhl ermöglicht sowie auch zukünftig
die praktische Sicherung. Gleichzeitig hatte ein Förderantrag der Fachhochschule Potsdam
bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) Erfolg, so dass die Erforschung des
Bestands mit innovativen restauratorischen und naturwissenschaftlichen Methoden
beginnen kann. Mit zahlreichen Partnern, wie dem Rathgen-Forschungslabor (SPSG), dem
Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege (BLDAM), dem Fraunhofer Institut
Magdeburg u.a. werden in den kommenden zwei Jahren neben den Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern der FH Potsdam u.a. auch die Studierenden in Projekten den
Geheimnissen des mittelalterlichen Giebels auf den Grund gehen. Fragen der
Umweltbelastung und des Klimas in Auswirkung auf die kostbaren Wandmalereien spielen
dabei ebenfalls eine Rolle. Wenn alle Arbeiten abgeschlossen sein werden, soll eine
Dauerausstellung im Inneren der Kirche den Giebel und seine Geschichte(n)
veranschaulichen – Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Campus Stift Neuzelle aus
der Region sind dann hierbei die Partner, die einen jugend- und familiengerechten Zugang zu
den mittelalterlichen Malereien und Fragen der Denkmalpflege vermitteln wollen.


Wenn nun seit der letzten Juliwoche die Nischen eine nach der anderen geöffnet
werden, waren es einige unentwegte Akteure in der Stadt Frankfurt, der Denkmalpflege im
Land Brandenburg und der Fachhochschule in Potsdam, die das schlussendlich ermöglicht
haben. Hier sollen nur zwei von ihnen namentlich genannt werden: Herr Ulrich-Christian
Dinse, jahrzehntelang Stadtdenkmalpfleger Frankfurts, heute im Ruhestand, und
Superintendent Herr Frank Schürer-Behrmann, der auch Vorsitzender des Oekumenischen
Europa-Centrums ist, welches in der Friedenskirche seine Heimat hat.